05.11.2006 Kryžių kalnas
Am Sonntag war „Moning’s heitere Reisegruppe“ wieder einmal auf Achse, dieses Mal mit dem Ziel Šiauliai, eine Stadt im Norden von Litauen. Die internationale Reisegruppe bestand aus Mathieu, Céline und Maud aus Frankreich, Matej und Kate aus der Slovakei plus den Neutralen. Da in Litauen die Fahrpläne der Busse nicht online oder in einer Broschüre publiziert werden, trafen wir uns am Busbahnhof und nahmen den ersten verfügbaren Bus nach Šiauliai (sprich „Scho-li-é“). Zu unserem „Glück“ war es kein Ekspresas-Bus und wir fuhren 3,25 Stunden durch die schneebedeckte litauische Pampa. Eine Menge kleiner Dörfer und verwaister Bus-Haltestellen. Immerhin haben wir einen Hirsch auf freiem Feld gesehen!
Irgendwie funktionierte jedoch die Heizung des Cars nicht richtig, als Konsequenz daraus Innentemperatur = Aussentemperatur. Als wir in Kaunas abfuhren betrug die Aussentemperatur angenehme -7 Grad. Nach zwei Stunden funktionierte die Heizung dann doch noch einigermassen und man konnte sich der Winterjacke entledigen.
Um mein IX. Fort-Debakel nicht zu wiederholen besorgte ich mir alle möglichen Informationen über die Reise im Internet (Moment, das habe ich beim IX. Fort doch auch getan?). Müsste ich meine Abschlussarbeit über Litauen schreiben würde der Titel wahrscheinlich „Die Auswirkungen korrekter, internationaler (und überhaupt) Beschilderung auf die Tourismusbranche und Reputation Litauens“ lauten.
Zuerst jedoch zum eigentlich Ziel unseres Ausfluges. 12 Kilometer ausserhalb von Šiauliai befindet sich der „Berg der Kreuze“ (Kryžių kalnas), eine Art Wallfahrtsort. Der „Berg der Kreuze“ ist eine der touristischen Hauptattraktionen Litauens und jeder Reisende nach Šiauliai will eigentlich nur dort hin. Trotz dieser Tatsachen findet man am Busbahnhof Šiauliai nicht ein einziges Schild oder irgendeinen Hinweis wie man zum „Berg der Kreuze“ kommt! Das ist einfach der Wahnsinn…
Dank meiner Internet-Recherchen wusste ich, dass die Buslinie nach Joniškis daran vorbeiführt. Das heisst wie in Kaunas alle Anzeigetafeln durchgehen bis die Destination Joniškis gefunden ist. Als unser Bus dann eintrudelt die erste richtige Überraschung: Der erste Bus-Chauffeur mit Fremdsprachen-Kenntnissen und dann auch noch Englisch! Nach zehn Kilometern Fahrt stiegen wir im Nirgendwo aus noch zwei Kilometer zu Fuss bis zum „Berg der Kreuze“.
Die englische Übersetzung „Hill of Crosses“ ist weitaus pragmatischer, denn der „Berg der Kreuze“ entpuppt sich als unscheinbarer Hügel, viel kleiner als ich mir das vorgestellt hatte. Doch der Ort hat es in sich. Der ganze Hügel und mittlerweile auch Teile daneben sind übersäht mit Kreuzen. Wikipedia zählt 55'000 (grosse) Kreuze, ich bin mir jedoch nicht sicher ob man alle Kreuze überhaupt zählen kann, es sind einfach zu viele. Ich denke es ist schwierig, sich das vorzustellen, wenn man es nicht selber gesehen hat. Auf kleinen Pfaden kann man auf den Hügel wandern, umringt von tausenden von Kreuzen. An jedem „grossen“ Kreuz sind sicher 20 kleinere Kreuze und Rosenkränze angehängt. Dann pfeift der Wind über den Hügel und überall klappert’s, man steht mittendrin, ein sonderbares Gefühl.
Der „Berg der Kreuze“ ist nicht nur ein religiöser Wallfahrtsort. Für die Litauer ist er auch ein Zeichen der Freiheit und Unabhängigkeit (vor allem weil die Russen und der KGB mehrere Male den Berg zerstört haben). Sogar Papst Johannes Paul II war mal da. Ziemlich eindrucksvoll.
Wir hatten extremes Glück mit dem Wetter, Sonnenschein und blauer Himmel. Nach knapp zwei Stunden bei -5 Grad hatten wir jedoch genug und marschierten zurück zur Strasse respektive Bus-Haltestelle. Nach meinem Fahrplan sollte der Bus um 15.07 Uhr an dieser Haltestelle anhalten. Aber irgendwas musste ja schief gehen. Normalerweise sind die Busse in Litauen pünktlich oder leicht verspätet, dieses Mal fuhr der Bus jedoch 5 Minuten zu früh durch.
Da der nächste Bus erst in zweieinhalb Stunden fahren würde, beschloss unser durchgefrorenes Grüppchen, ein Taxi zu bestellen. Nicht immer so einfach. Die Taxi-Chauffeure und deren Zentralen glänzen auch nicht gerade mit Englisch-Kenntnissen. Ausserdem dürfen in Litauen nur vier Personen gleichzeitig in einem Taxi befördert werden, das heisst für sechs Personen entweder ein grosses Taxi oder zwei Stück bestellen. Maud bot sich als Kommunikationszentrale an, der erste Versuch in litauisch war jedoch nicht von Erfolg gekrönt. Weitere Versuche in englisch scheiterten grandios („I don’t speak English“ und Telefon aufhängen bei zwei Zentralen). Auf Autostop wollten wir lieber verzichten. Matej und Maud versuchten ihr Glück und liefen zum nächsten Haus, um die Bewohner zu fragen, ob sie uns ein Taxi in litauisch bestellen könnten. Sie hatten Glück und ein litauisches Mädchen sprach ein wenig englisch. Ihr Versuch scheiterte jedoch auch, angeblich weil die Taxi-Zentralen gar kein oder nur ein Auto zur Verfügung hatten!
Am Schluss riefen wir Ginte an (Mantas nahm das Telefon nicht ab) und baten sie, uns doch zwei Taxis zu bestellen. Diesmal hatten wir Glück und Ginte hatte uns innerhalb von wenigen Minuten zwei Taxis organisiert. Ein Mentor oder Buddy ist teilweise wirklich Gold wert! Die ganze Odyssee dauerte eine Stunde.
Wir fuhren ins Zentrum von Šiauliai und flüchteten uns ins erstbeste Café, um uns mit Suppe und Tee wieder aufzuwärmen. Der Rest der Rückreise nach Kaunas war dann zum Glück verhältnismässig problemlos.
Hier noch ein Link eines Artikels über den „Berg der Kreuze“, ein bisschen besser als meine Laien-Prosa (jedoch nur in English!):
Sara Evans: “Devout, defiant. The forest of crosses will never stop growing“ The Independent, 2005
Irgendwie funktionierte jedoch die Heizung des Cars nicht richtig, als Konsequenz daraus Innentemperatur = Aussentemperatur. Als wir in Kaunas abfuhren betrug die Aussentemperatur angenehme -7 Grad. Nach zwei Stunden funktionierte die Heizung dann doch noch einigermassen und man konnte sich der Winterjacke entledigen.
Um mein IX. Fort-Debakel nicht zu wiederholen besorgte ich mir alle möglichen Informationen über die Reise im Internet (Moment, das habe ich beim IX. Fort doch auch getan?). Müsste ich meine Abschlussarbeit über Litauen schreiben würde der Titel wahrscheinlich „Die Auswirkungen korrekter, internationaler (und überhaupt) Beschilderung auf die Tourismusbranche und Reputation Litauens“ lauten.
Zuerst jedoch zum eigentlich Ziel unseres Ausfluges. 12 Kilometer ausserhalb von Šiauliai befindet sich der „Berg der Kreuze“ (Kryžių kalnas), eine Art Wallfahrtsort. Der „Berg der Kreuze“ ist eine der touristischen Hauptattraktionen Litauens und jeder Reisende nach Šiauliai will eigentlich nur dort hin. Trotz dieser Tatsachen findet man am Busbahnhof Šiauliai nicht ein einziges Schild oder irgendeinen Hinweis wie man zum „Berg der Kreuze“ kommt! Das ist einfach der Wahnsinn…
Dank meiner Internet-Recherchen wusste ich, dass die Buslinie nach Joniškis daran vorbeiführt. Das heisst wie in Kaunas alle Anzeigetafeln durchgehen bis die Destination Joniškis gefunden ist. Als unser Bus dann eintrudelt die erste richtige Überraschung: Der erste Bus-Chauffeur mit Fremdsprachen-Kenntnissen und dann auch noch Englisch! Nach zehn Kilometern Fahrt stiegen wir im Nirgendwo aus noch zwei Kilometer zu Fuss bis zum „Berg der Kreuze“.
Die englische Übersetzung „Hill of Crosses“ ist weitaus pragmatischer, denn der „Berg der Kreuze“ entpuppt sich als unscheinbarer Hügel, viel kleiner als ich mir das vorgestellt hatte. Doch der Ort hat es in sich. Der ganze Hügel und mittlerweile auch Teile daneben sind übersäht mit Kreuzen. Wikipedia zählt 55'000 (grosse) Kreuze, ich bin mir jedoch nicht sicher ob man alle Kreuze überhaupt zählen kann, es sind einfach zu viele. Ich denke es ist schwierig, sich das vorzustellen, wenn man es nicht selber gesehen hat. Auf kleinen Pfaden kann man auf den Hügel wandern, umringt von tausenden von Kreuzen. An jedem „grossen“ Kreuz sind sicher 20 kleinere Kreuze und Rosenkränze angehängt. Dann pfeift der Wind über den Hügel und überall klappert’s, man steht mittendrin, ein sonderbares Gefühl.
Der „Berg der Kreuze“ ist nicht nur ein religiöser Wallfahrtsort. Für die Litauer ist er auch ein Zeichen der Freiheit und Unabhängigkeit (vor allem weil die Russen und der KGB mehrere Male den Berg zerstört haben). Sogar Papst Johannes Paul II war mal da. Ziemlich eindrucksvoll.
Wir hatten extremes Glück mit dem Wetter, Sonnenschein und blauer Himmel. Nach knapp zwei Stunden bei -5 Grad hatten wir jedoch genug und marschierten zurück zur Strasse respektive Bus-Haltestelle. Nach meinem Fahrplan sollte der Bus um 15.07 Uhr an dieser Haltestelle anhalten. Aber irgendwas musste ja schief gehen. Normalerweise sind die Busse in Litauen pünktlich oder leicht verspätet, dieses Mal fuhr der Bus jedoch 5 Minuten zu früh durch.
Da der nächste Bus erst in zweieinhalb Stunden fahren würde, beschloss unser durchgefrorenes Grüppchen, ein Taxi zu bestellen. Nicht immer so einfach. Die Taxi-Chauffeure und deren Zentralen glänzen auch nicht gerade mit Englisch-Kenntnissen. Ausserdem dürfen in Litauen nur vier Personen gleichzeitig in einem Taxi befördert werden, das heisst für sechs Personen entweder ein grosses Taxi oder zwei Stück bestellen. Maud bot sich als Kommunikationszentrale an, der erste Versuch in litauisch war jedoch nicht von Erfolg gekrönt. Weitere Versuche in englisch scheiterten grandios („I don’t speak English“ und Telefon aufhängen bei zwei Zentralen). Auf Autostop wollten wir lieber verzichten. Matej und Maud versuchten ihr Glück und liefen zum nächsten Haus, um die Bewohner zu fragen, ob sie uns ein Taxi in litauisch bestellen könnten. Sie hatten Glück und ein litauisches Mädchen sprach ein wenig englisch. Ihr Versuch scheiterte jedoch auch, angeblich weil die Taxi-Zentralen gar kein oder nur ein Auto zur Verfügung hatten!
Am Schluss riefen wir Ginte an (Mantas nahm das Telefon nicht ab) und baten sie, uns doch zwei Taxis zu bestellen. Diesmal hatten wir Glück und Ginte hatte uns innerhalb von wenigen Minuten zwei Taxis organisiert. Ein Mentor oder Buddy ist teilweise wirklich Gold wert! Die ganze Odyssee dauerte eine Stunde.
Wir fuhren ins Zentrum von Šiauliai und flüchteten uns ins erstbeste Café, um uns mit Suppe und Tee wieder aufzuwärmen. Der Rest der Rückreise nach Kaunas war dann zum Glück verhältnismässig problemlos.
Hier noch ein Link eines Artikels über den „Berg der Kreuze“, ein bisschen besser als meine Laien-Prosa (jedoch nur in English!):
Sara Evans: “Devout, defiant. The forest of crosses will never stop growing“ The Independent, 2005
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